Medizinstudium: Wartezeit auf Rekordstand – Verstoß gegen Grundrecht?

Der Weg zum Arzt beginnt für viele Studenten mit jeder Menge Wartesemestern © RioPatuca Images / fotolia

Medizin studieren mit schlechten Noten!? Auch wer nicht gerade ein Einser-Abi hat, kann sich den Traum von einem Medizinstudium erfüllen. Doch das ist mitunter mit extrem langen Wartezeiten verbunden. Aktuell sind die Wartezeiten auf einen Höchststand von sieben Jahren (!) geklettert! Doch aufgeben kommt für viele nicht in Frage, zumal auch Besserung in Sicht ist. Denn das Bundesverfassungsgericht will prüfen, ob die lange Wartezeit ein Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt. Nach einem Bericht der Stiftung für Hochschulzulassung steigt die Wartezeit für ein Medizinstudium zum anstehenden Semesterstart im Herbst 2015 auf stolze 14 Semester! Ein historischer Höchststand.

Humanmedizin: Länger warten als studieren

Die Entwicklung kommt nicht von ungefähr, da die Anzahl der Bewerber auf einen Studienplatz in der Humanmedizin ohne sehr gute Noten im Abitur seit Jahren ansteigt. Doch mittlerweile ist ein Niveau erreicht, das als Verstoß gegen die Grundrechte durchgehen könnte. So prüft das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, ob die geltende Fassung für das Hochschulrahmengesetz überarbeitet werden muss. 14 Wartesemester bzw. sieben Jahre – das übertrifft sogar die Regelstudienzeit für Humamedizin, die an dem meisten Hochschulen in Deutschland bei 12 Semestern und drei Monaten beträgt.

Klage gegen Ablehnungsbescheid aussichtsreich

Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer für alle, die sich trotz eines mittelprächtigen Abi-Schnitts den Traum vom Medizinstudium erfüllen wollen. Denn die Aussichten auf eine Zulassung über den Klageweg sind durchaus gut, wie Hochschulrechtler Wilhelm Achelpöhler im „Spiegel“ bestätigt: „Wer jetzt geltend macht, dass der Ablehnungsbescheid sein Recht auf Teilhabe an einem verfassungsmäßigen Auswahlverfahren verletzt, hat gute Chancen, damit Gehör beim Gericht zu finden.“ Noch in diesem Jahr will das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung fällen.

Recht auf freie Berufswahl eingeschränkt

Und es gibt genügenden Fallbeispiele die beweisen, dass eine Klage gegen den Ablehnungsbescheid von Erfolg gekrönt sein kann. Denn in einem Einzelfall eines Physiotherapeuten aus Münster, der sich fünf Jahre lang erfolglos auf ein Medizinstudienplatz beworben hatte, hatten Richter vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Zweifel, ob solche Wartezeiten überhaupt mit dem Recht auf freie Berufswahl sowie dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren sind.

Humanmedizin: 20 Prozent über Wartesemester

20 Prozent der Studienplätze in der Humanmedizin sind über Wartesemester vergeben worden. Weitere 20 Prozent werden anhand der Abiturnote ausgewählt, während die restlichen 60 Prozent der Erstsemester das hochschuleigene Auswahlverfahren durchlaufen haben. Es gibt aber zumindest leise Hoffnung für alle bislang erfolglosen Bewerber auf einen Studienplatz in der Humanmedizin. Denn 1977 hat das Bundesverfassungsgericht Wartezeiten von sechs und mehr Jahren als verfassungswidrig eingestuft. Gut möglich, dass sich die Richter an dieses Urteil schon bald wieder erinnern!